(Richtersveld 1) Den Richtersveld National Park besuchen wir sehr gerne. Er liegt im äußersten Nordwesten von Südafrika und geht bis an den Oranje, den Grenzfluss zu Namibia. Dort schließt sich das ebenfalls als Nationalpark geschützte Gebiet um den Fish River mit den heißen Quellen von |Ai |Ais an. Gemeinsam bilden sie den |Ai |Ais / Richtersveld Transfrontier Park (hier weitere Informationen zum Park von der Peace Parks Foundation). Trotz seiner Abgeschiedenheit ist der Park gut besucht, daher hatten wir hier fünf Nächte vorgebucht. Das war auf der einen Seite zwar gut, denn so war der Platz gesichert. Auf der anderen Seite setzte uns das aber auch unter Druck, zum gebuchten Termin im Park zu sein. (Siehe unseren Post „Weniger Buchung ist mehr“.)
Von den großen Sanddünen der Namib kommend näherten wir uns dem namibischen Süden und machten Stopp in der Nähe der größten Stadt im Süden, Keetmannshoop. Hier gibt es den Quiver Tree National Park, oder Köcherbaum Nationalpark. Dort verbrachten wir eine Nacht und fuhren dann in die Stadt, um unsere Vorräte für die knappe Woche im Park aufzufüllen. Dabei haben wir den Tag genossen und uns viel Zeit gelassen. Zu viel Zeit.
Zur Erklärung muss man anfügen, dass hier die Sonne früher untergeht (im Oktober ca. 19 Uhr, Sonnenaufgang etwa um 6 Uhr), mit der typischen sehr kurzen Dämmerung von ca. 25 Minuten. Etwas mehr dazu hier.
Als wir uns endlich auf dem Weg machen, ist es bereits 17 Uhr und das Navi sagt die Ankunftszeit für 20:30 Uhr voraus – viel zu spät! Oh Je!
Aber wir fahren erst mal los, auf Teer können wir vielleicht noch etwas Zeit gut machen. Nach einer Weile merken wir, dass das Gerät uns nicht – wie gedacht – über die schnelle Teerstraße via Grünau schickt, sondern über die (nach Kilometern) kürzere Strecke am Naute Damm vorbei und durch den Gondwana NP.
Aber wir fahren weiter, weil wir uns sagen, dass wir ja dort unterwegs uns was suchen können zum Übernachten. Die Gravel Road C12 nach Südwesten ist erstaunlich gut und wir kommen tatsächlich zügig voran. Am Naute Damm müssen wir das Camp erst suchen und schauen es uns dann an. Es soll nur 150 N$ kosten, ist aber wenig anheimelnd. Es strahlt den Charme eines schattenlosen Parkplatzes neben einem großen Beton-Staudamm aus, eine kleine Hütte steht noch drauf, in der die Wärter sitzen. Immerhin gibt’s eine Stromsäule. Der ganze Platz liegt etwas erhöht seitlich oberhalb des Stausees. Kein Baum, dafür sehr viel Beton. Von hier hat man einen guten Blick auf die Staumauer und den See. Wir könnten sogar im Stausee schwimmen, wenn wir wollten, wird uns vom Wärter berichtet, das hätten auch andere schon gemacht. Er selbst kann freilich nicht schwimmen und hat vor allem Angst um seine Kunden. Aber wir bleiben nicht, es ist sehr einsam, scheint wenig sicher und ist auch etwas heruntergekommen.
Also fahren wir weiter. In dieser Gegend reihen sich große Plantagen aneinander, die vom Wasser im Damm profitieren, erst Wein, dann Öl-Palmen. Paul schläft schon ein. Später wird die Landschaft karger, die Steppe beginnt und nur wenige Bäume sind zu sehen. Mittendrin wirbt eine Farm für ihre Campingplätze. Wir fahren rein und schauen es uns genauer an. Aber die Plätze haben keine Bäume, da sind nur Büsche mit Zaun drumherum, was uns nicht zusagt. Daneben haben sie noch Chalets, in der Variante der großen Plaste-Box Häuser. Solche hatten wir schon beim Quiver Tree camp gesehen und von außen machen sie nicht viel her. Irgendwann müssen wir die mal von innen anschauen, vielleicht sind sie ja wie die Handtasche von Hermine in den Potter Büchern… Dieses Mal aber nicht. Also drehen wir um und fahren weiter.
Inzwischen geht die Sonne als glutroter Ball hinter großen dunklen Wolken unter. Ein paar Minuten werden wir noch Licht haben, dann wird aus der kurzen Dämmerung pechschwarze Nacht geworden sein. Der abnehmende Mond ist auch keine Hilfe, denn er wird erst nach Mitternacht aufgehen. Wir kommen an die Einfahrt zum Gondwana Nature Park, der unmittelbar an den namibischen Teil des |Ai |Ais / Richtersveld Transfrontier Park angrenzt. Auf einem Schild wird darauf hingewiesen, dass Campen verboten sei. Auch an den Hinweisschildern der Lodge steht nichts von Camping. Das könnte also noch ein Problem werden. Trotzdem macht es keinen Sinn wieder umzukehren, die Strecke über Grünau würden wir auch nicht mehr schaffen. Also biegen wir in den Park ein und schauen mal, was kommt. Als erstes sehen wir Hinweisschilder, man solle langsam fahren, sie hätten kürzlich neue Tiere eingesetzt. Selbst wenn die Schilder da schon ein paar Jahre stehen sollten, nehmen wir das als gutes Zeichen, dass der Park aktiv gemanagt und sich um Tiere gekümmert wird. Jetzt wird es dunkel.
Dann tauchen am Horizont Lichter auf. Sie gehören zu einer Lodge, dem Canyon Roadhouse.
Uns bietet sich ein skurriler Anblick mitten im Dunkeln, mitten im Park, weit weg von jeder „Zivilisation“. Sie haben ganz im amerikanischen Stil Auto-, Tankstellen- und Werkstätten-Devotionalien zusammengesammelt, aufgebaut, bunt illuminiert, Werbeschilder aufgebaut, und alles mit einem Hotel verbunden. Leute sitzen davor im Restaurant-Garten und lassen es sich offenbar sehr gut gehen. Aber das Tolle ist: hier findet sich auf einmal auch ein „Camping“ Icon auf dem Hinweisschild. Wir fragen an der von oben bis unten mit Autokennzeichen und Sachen mit Bezug zu (älteren) Autos dekorierten Rezeption nach. Und tatsächlich haben sie noch einen Camping-Site für uns frei. Der ist mit 287N$ per Person sogar bezahlbar. Perfekt! Mit etwas Schwierigkeiten finden wir im Dunkeln hinter dem Hauptgebäude den nummerierten Platz.
Er hat einen eigenen Baum, liegt etwas abseits, verfügt über Licht, Strom und Wasser – was will man mehr. Paul ist wieder wach und stürzt sich auf seine Aufkleber, kaum, dass der Tisch aufgebaut ist. Sabine verstaut die Einkäufe in den Tiefen des Autos und ich aktualisiere unser Tagebuch. Wir stellen fest, dass wir in Keetmannshoop vergessen haben, uns um die leere Gaskartusche zu kümmern. Oooops! Das ist blöd und könnte später noch ein Problem werden. Wir müssen also schauen, wie lange die Ersatzflasche noch hält. Wir hatten sie bei Bushlore in Windhoek voll bekommen und vor etwa fünf Tagen auf dem tollen Platz in der Weltevrede Lodge eingesetzt.
Später gehen Matz und Paul heiß duschen. Unterwegs finden wir diverse Insekten, eine große Gottesanbeterin, riesige Heupferde, aber auch Motten, Raupen und Spinnen. Es lebt gewaltig hier.
Am nächsten Morgen schlafen wir seit längerem wieder mal aus, als dann die Sonne durchkommt, wird es im Zelt schnell sehr warm. Wir lassen Paul noch etwas schlafen und stehen auf. Sabine holt den Tee aus der Thermoskanne – der ist immer noch heiß! (Die Kanne hatten wir zu Anfang der Reise in Windhoek beim Outdoor Laden gekauft, das war eine gute Investition!) Erst jetzt können wir uns den Platz genauer anschauen: Er liegt ziemlich abseits von den anderen Stellplätzen, an einem kleinen trockenen Bachlauf. Dahinter beginnt ein von der Lodge angelegter Wanderweg. Ein Trupp Springböcke kommt den Berg runter, sieht uns aber und kehrt Sprünge machend wieder um. Nachts waren offenbar einige Tiere da, die Mülltonne ist umgekippt und der Inhalt verstreut. Die Spuren erinnern an Dachse, aber auch Böckchen und Katzen waren wohl da.
Wir fahren nach vorne zum Haupthaus. Um diese Zeit, es ist schon halb 10 Uhr, ist fast keiner da, die Gäste sind wohl alle auf Drives unterwegs. Wir schauen uns das Haupthaus genauer an. Es ist total amerikanisch aufgemacht, die Schilder zur Route 66 kommen uns merkwürdig deplatziert vor. Dennoch hat das Haus mit seiner Masse an Auto-Devotionalien seinen Charme. Innen und außen stehen Autos herum, auch ein sehr alter Landrover darf nicht fehlen. Die Lodge gehört bereits seit 2000 zur Gondwana Collection, einem privaten und sehr erfolgreichen Tourismusunternehmen in Namibia. (Dazu vielleicht später mal etwas mehr.)
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