(Richtersveld 8; frühere Beiträge “Zum Richtersveld” | “Fish River Canon” | “Ai-Ais” | “Lange Anfahrt” | “Endlich im Park” | “Potjiespram” | “Unterwegs im Park“) Wann immer wir der Richtersveld Park besuchen, fahren wir auch in die Kokerboomkloof. Dieser Teil des Parks ist am weitesten vom Eingang entfernt und am nächsten zum namibischen Aussenkehr. Bei der Anfahrt öffnen sich Blicke auf die grünen Hänge auf der anderen Oranje Seite, wo heutzutage Weintrauben angebaut werden.
Nachdem man über die Pässe aus dem Parkinneren oder durch eine der Schluchten vom Oranje hochgekommen ist, öffnen sich zunächst breite Täler und grasbestandene Ebenen. Es verwundert nicht, dass eines der Täler Springbokvlakte heißt, tatsächlich kann man hier manchmal kleine Grüppchen der zierlichen Antilopen beobachten. Am Eingang zu den Ebenen, nahe der Felsen, kann man auch die Hoodia Pflanze, hoodia gordonii, finden. Sie ist relativ bekannt in Europa, zum einen wegen ihrer angeblich das Hungergefühl beseitigenden Eigenschaften, aber auch durch den Erfolg der Khoisan, die sich gegen die aggressive Vermarktung der Wirkstoffe und für die Beteiligung der einheimischen Bevölkerung (0,003%) an den Gewinnen der Pharma-Industrie erfolgreich eingesetzt hatten. Bisher konnte die Wirksamkeit des aus der Hoodia extrahierten Stoffes (“P 57”) klinisch nicht nachgewiesen werden
Wie zu befürchten war, müssen wir bereits bei der Auffahrt in Richtung Kloof feststellen, dass viele der Köcherbäume nicht mehr da oder nur noch als scheinbar abgestorbene Stämme vorhanden sind. Ob hier die Auswirkungen des Klimawandels oder eine Krankheit dahinterstecken, oder ob das zu den natürlichen Schwankungen in der Population gehört, können wir nicht sagen. Schon auf unserer letzten Reise hatten wir einen Rückgang der gesund scheinenden Bäume gesehen und auf unsere Anfrage im Office als wenig überzeugenden Grund verschiedene Feuer als Antwort erhalten. Vielleicht weiß man die Ursache auch noch nicht, wir haben jedenfalls bisher nichts dazu gefunden. Flora und Fauna des Parks sind bisher noch derart wenig erforscht, dass Experten bis heute immer noch neue Arten entdecken. In einem offiziellen SANParks Bericht des Botanikers Pieter van Wyk vom März 2022 schreibt er von vielen endemischen Arten, die er und seine Kollegen bis 2021 haben identifizieren können.
Vor der eigentlichen Zufahrt zur Kloof machen wir noch einen Abstecher zum Aussichtspunkt unterhalb des über 1000 Meter hohen Tatasbergs. Es geht an über 100 Meter hohen glatten Granitwänden vorbei zu einem tollen Ausblick in ein Seitental, durch das man vom Richtersberg Camp heraufkommt. Zwei kleine Klippspringer fühlen sich von uns gestört und flüchten. Einzelne Felsbrocken sind durch Wind- und Regenerosion ausgehöhlt, was sie zu schönen Verstecken oder Fotoobjekten macht. Hier machen wir ein kurzes Picknick.
Ein weiterer toller Aussichtspunkt öffnet sich ein Stück weiter oben zum Springbokvlakte. Hier machen wir gerne immer wieder ein Foto. Hinter dem Aussichtspunkt geht es hinunter ins Tal, das sich in weichem Schwung zum Oranje erstreckt, auf dessen anderer Seite die grünen Hänge liegen. Auf der anderen Seite des Tals erheben sich die Berggipfel wieder. Sie tragen Namen wie „Gordon’s Head“ oder „Mount Terror“ und sind fantasisch anzuschauen, besonders im weichen Licht des späten Nachmittags. Allerdings bläst hier heute ein sehr starker Wind den Hang hinauf und es weht uns fast weg. Aber ein Foto ist trotzdem drin.
Dann geht es ins eigentliche Köcherbaum Tal. Hier liegen große Felsbrocken herum, zwischen denen die Campsites angelegt wurden – mit nichts, außer Feuerstelle und Trockenklo. Ein Felsen hat einen Namen bekommen, “Die Toon”, weil er wie ein aufgestellter Zeh aussieht. Hier konnte man unter einem Überhang (shelter) die Besiedelung der Gegend durch Menschen vor über 2200 Jahren nachweisen.
Das Tal ist von Granitfelsen umschlossen, zum Oranje hinunter kann man höchstens zu Fuß. Ein paar Hirten weiden hier ab und an ihre Ziegen, aber wir sehen von ihnen nichts.
Unsere Befürchtungen in Sachen Köcherbäume bestätigen sich leider, auch hier sind sehr viele der Pflanzen abgestorben. Dennoch hat das Tal einen ganz eigenen und besonderen Charme. (Mehr zum Köcherbaum in einem separaten Post.)
Wir fahren erst die Sites ab und entscheiden uns dann für den Platz #1, in dem ein „eigener“ und grünen Köcherbaum steht. Es kommen schnell auch Tiere zu Besuch, die nachschauen, ob etwas für sie abfällt. Das sind kleine „Zebra-Finken“, die auch gleich gegen den Rivalen im Autospiegel kämpft, oder auch der schwarz-weiße „Winkevogel“. Später kommen kleine Felsenratten heraus, die sich erst scheu hintern den Reifen verstecken, sich aber bald an uns gewöhnen und die hingeworfenen Brocken gerne wegknabbern.
Wir machen einen kleinen Rundgang in die Umgebung und klettern auf die Felsen. Auf den Granitfelsen liegen grobe, sandsteinartige Felsen, die sich bereits stark zersetzt haben. Der sich dabei bildende Kies macht die steileren Wände rutschig, prompt fällt Paul auch hin. Tut aber nicht weh, er will ja auch nach oben. Sabine und Paul sammeln und dokumentieren die Pflanzen der Umgebung. Schnell kommt die kurze Dämmerung und wir beginnen mit dem Abendessenkochen – heute gibt es Reis mit Gemüse.
Nach dem Abspülen und Aufräumen setzen wir uns noch ein paar Minuten ans Feuer. Es ist recht frisch hier oben, aber herrlich still.
Wir versuchen, ein paar Objekte am einzigartig klaren Sternenhimmel zu identifizieren. Die Lichtverschmutzung ist hier gering und man kann bei wolkenlosem Himmel Sterne in einer Menge sehen, wie es im viel zu hellen Europäischen Nachthimmel undenkbar ist. Der Orion geht erst spät in der Nacht auf, das Kreuz des Südens müsste am Horizont im Süden stehen, doch wird es von Bergen verdeckt. Wir haben ein kleines Heftchen zum südlichen Sternenhimmel, die Bildchen sind allerdings sehr klein. Mit dem Fernglas wird der Blick auf die Sterne schnell überwältigend. Erst ein paar Wochen später haben wir uns „eingesehen“ und schauen staunend auf die vielen Sterne oder Nebel in den Pleiaden, oder an Gürtel und Schwertgriff des Orion. Zur Unterstützung bei der Identifizierung von Sternen oder wenigstens Sternbildern gibt es eine Reihe mehr oder weniger hilfreicher Handy-Apps. Ich benutze meist eine kostenlose Version von SkySafari, die z.B. auch Zusatzinfos zu einzelnen Sternen anbietet.
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