Ein anderer Höhepunkt in Swakopmund ist ziemlich ausgefallen. Der Luxus von alpinem Wintersport für die ganze Familie wurde für die vielen reichen Reisenden von der Nordhalbkugel auch in den heißen Süden exportiert. Da hier – wenig überraschend – Gletscher und Schnee eine Art Mangelware darstellen, hat man sich etwas Eigenes ausgedacht: Sandboarding. Typisch kreatives Afrika. Die Sanddünen zwischen Swakopmund und Wavisbay sind hoch genug – tatsächlich findet man in Namibia mit die höchsten Sanddünen weltweit. Und während andere mit Quadbikes durch die Landschaft knattern, kann man auch einfach (und etwas leiser) den Sand runterrutschen.
Dabei gibt es zwei Arten, herunterzukommen: entweder man legt sich auf ein flaches Holzbrett und rauscht in Schussfahrt die Düne hinab („Lie-down sandboarding“), oder man nimmt ein ausrangiertes echtes Snowboard, stellt sich in Boots und versucht sich an Schwüngen hinab („Stand-up sandboarding“). Beide Varianten sind übrigens dem “Rutschen auf dem Hosenboden” oder “in Pirouetten bis zum Salto mortale die Abhänge runterkullern” vorzuziehen, weil man zum einen (etwas) weniger Sand mitbekommt (okay, mit Ausnahme von Paul, der schafft seine zwei Kilo Sand bei jeder Art), und zum anderen der Sand selbst im kühlen Swakopmund recht heiß werden kann. Die hohen und steilen Dünen im Sossousvlei an einem sonnigen Mittag hinuntersteigen zu wollen, ist auch deshalb nur ein bedingt empfehlenswertes Vergnügen. (Allerdings darf man dort nicht Sandboarden…)
Wir haben über unsere Campsite „Alte Brücke Resort“ bei Khoisan Tours gebucht. Die Jungs waren super nett und gut ausgestattet. Mit uns zusammen waren noch zwei Overlander dabei, ein Engländer und ein Kanadier.
Die Sache mit dem Sandboarding ist die: man lernt hier die Höhe wieder „fußnah“ kennen, denn man muss jede Düne erlaufen. Lifte gibt’s es nicht. Das fühlt sich ein bisschen an, wie es in den Anfangszeiten des Alpinen Wintersports wohl gewesen sein muss. Jeden Abfahrtshöhenmeter muss man sich erst durch anstrengendes Kraxeln verdienen. Glücklicherweise (well…) sind die Dünen keine Alpen – was bedeutet, man muss nicht so hoch klettern. Dafür macht man die Strecke aber häufiger.
Alles beginnt mit der Ausrüstung, die legt man als erstes an. Helme, Stiefel und Boards werden gestellt. Die Boards sind nicht mehr wirklich Alpen-tauglich, erfüllen hier aber voll und ganz ihren Zweck. Alle Bretter sind präpariert: eine an Sprelacart erinnernde Kunststoffschicht wurde aufgeleimt, damit das Board besser gleitet. Ansonsten findet man die normalen Snowboard-Boots und die zugehörigen Bindungen (okay, etwas ausgeleiert).
Nach der „Erstbesteigung“ werden die Boards frisch „gewachst“. Dafür wird erst etwas Bohnerwachs – unseres war blau! – aufgetragen (und der Duft erinnerte mich an lange Gänge früher in meiner alten Schule), breitgestrichen, mit Sand beworfen und mit einem Lappen wieder abgewischt. Ohne diese Gleitschicht würde das Brett schnell steckenbleiben. Man muss diese Prozedur vor jeder Abfahrt wiederholen. Die ersten Mter machen wir nach „hinten“, den kurzen Hang der Düne hinunter. Dabei ist das Gefühl ein wenig wie die Fahrt durch Pulverschnee, nur “mit angezogener Handbremse”.
Dann geht es auf den vorderen Hang, das etwas längere Stück hinunter. Man muss viel mehr Schuss fahren und erst mit einiger Geschwindigkeit machen Schwünge Sinn. Aber es macht einen Heidenspaß. Wir klettern bestimmt 5-6 Mal wieder hinauf. Paul wird von einem Begleiter auf das Liegend-Brett genommen und hat seinen eigenen Spaß, weil es mit diesem Brett besonders schnell hinab geht. Nur das Aufsteigen in den dicken Boots trübt für ihn am Ende etwas die Freude
Wir genießen das aber voll: mit leichter Bekleidung (hauptsächlich muss man sich vor Sand schützen, und gegen Mittag wird es selbst für Swakopmunder Verhältnisse ziemlich warm), Blick auf die hereinrollenden Atlantikwellen an der Küste, keine 200 Meter entfernt und dann Schußfahrt den Sand hinunter. Yippie!
Es ist eine Vergnügung für die ganze Familie – Paul kann ja auch noch nicht Skifahren, will das jetzt aber unbedingt lernen, “wenn wir wieder mal in die Alpen kommen“. Die Kombination aus Liegend-Fahrten und Stehend-Fahrten ist super, mit ein wenig Übung kommt man auf Geschwindigkeit und hat viel Spaß.
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