(Damaraland – 1) Nach drei Wochen im Land war es endlich soweit: unsere erste Tour ins „Hinterland“. Das bedeutet nun erstmals abseits der vielbefahrenen Touristenrouten zu fahren, wo nicht hinter jeder Ecke ein Touristencamp oder auch nur Gegenverkehr zu erwarten waren. Ausgehend vom Brandberg sollte es über mehrere Tage auf den Desolation Valley Trail ins Damaraland über einen Pass zum Ugab River hinunter, dann über die Ebene zum Huab River hinüber und ins Desolation Valley gehen. Eine Drei-Übernachtungen-Tour, auf der wir für uns sein würden.
Wir hatten in der White Lady Lodge ein paar Tage Ruhe eingelegt, einen ersten Fluss-Bett-Abstecher eingelegt und den Pool genossen. Jetzt waren wir bereit für etwas Abwechslung.
Der erste Teil führte uns auf die Nordseite des Ugab. Hier hatten wir ein paar Jahre früher schon mal wild übernachtet. Das erste Mal waren wir einfach in den späten Nachmittag reingefahren und hatten dann unser kleines Camp aufgeschlagen. Beim Zweiten Mal waren wir mehr in Ugab-Nähe geblieben und hatten bei verlassenen Damara Camps geschlafen. Die Anhöhen in Ugab-Nähe waren uns jedenfalls schon bekannt. Von hier hat man einen tollen Blick auf den Brandberg – ein Panoramabild hängt bei uns im Esszimmer und das musste natürlich um eine neue Version ergänzt werden. Man fährt dazu auf ein Plateau hinauf und muss am Ende das Auto klettern lassen, um hinaufzukommen. Der Ausblick über den (kaum erkennbaren) Ugab hinüber auf das Brandberg-Massiv ist dann aber grandios.
Nachdem wir uns vom Panorama losgerissen haben, entfernen wir uns vom Ugab Tal. Hier kommt ein Streifen mit dem in Namibia an verschiedenen Stellen anzutreffenden unheimlich beeindruckenden roten Sand. Der ist nämlich nicht nur in Sossousvlei zu finden, die Namib ist ohnehin viel größer und – schon gewußt? – zieht sich bis ins südliche Angola hoch. (Obwohl ein Abstecher nach Angola mit ganz oben auf unserer „To visit“ Liste steht, werden wir dieses Land dieses Mal nicht bereisen können. Machen wir aber, wenn Paul etwas größer geworden ist auf jeden Fall noch. – Will jemand mitkommen?) Auf diesem Sandstreifen liegen die grün-gelben Nara Melonen und stehen die Euphorbienbüsche sehr dekorativ auf rotem Sand unter dem blauen Himmel – fantastisch!
Von verschiedenen Euphorbien, z.B. Euphorbia damarana wird gesagt, dass sie giftig seien und es gibt Geschichten von Leuten, die daran gestorben seien – manche aber auch nicht. Nur wenige Tiere können sie essen, so das Steinböcken und der Klippspringer. Auch gibt es Schilderungen von den Giftpfeilen der San („Bushmen“), die auch die Milch der Euphorbien für Pfeilgift genutzt haben sollen. Es gab sogar mal Hypothesen, dass das Gift von Euphorbien verantwortlich für die Entstehung der „Feenkreise“ – später mal mehr dazu – sein soll, dies wurde mittlerweile aber widerlegt. Tatsächlich sollte man möglichst nicht mit dem milchigen Saft in Kontakt kommen, aber in der Regel passiert das auch nicht. Wir nehmen also keine Äste von Euphorbien für unser Lagerfeuer und sind ansonsten entspannt und erfreuen uns an diesen schönen, besonderen Pflanzen.
Dieses Jahr macht das Fahren durch Namibias Ebenen besonders viel Freude. Nicht etwa, weil die Straßen plötzlich gut befahrbar geworden wären (zum Stichwort „Wellblech“ später einmal mehr), sondern weil es diesen Winter in weiten Teilen des Landes überdurchschnittlich viel Niederschlag gegeben hat und dadurch weiter Flächen im Land dicht von Gras bewachsen sind. Inzwischen ist das Gras trocken geworden und hat eine goldgelbe Farbe angenommen. Im Wind wogen diese Flächen hin und her und im Sonnenschein erinnert es ein wenig an die Serengeti (eine der vielen Erinnerungen an unsere 2006 Tour – ob wir das noch einmal sehen können, wird sich noch zeigen) endlose, goldgelbe Felder, nur von Bergen unterbrochen.
Unser Ziel am ersten Tag ist das Ugab River Rhino Camp. Um dorthin zu kommen, muss man einen besonderen Pass fahren, den Divorce Pass. (Okay, man kann auch über die Gravel-Piste D2303 von Süden kommen. Das hat sich bei unserem letzten Besuch 2019 als Vorteil erwiesen, als Paul eine Mittelohrentzündung hatte und im Rhino Camp Fieber bekam, da sind wir in einem halben Tag über Gravel nach Swakopmund gedüst.)
Vom Brandberg aus näherten wir uns auf dem Plateau von Osten, mit einem wunderschönen Stück durch den Goanagab (Trocken-)Fluss-Bett. Wir fuhren dann südlich am Doros Crater vorbei, der sowohl Geologisch eine Besonderheit ist, als auch eine 4×4 Strecke durch den Krater selbst aufweist. Je näher man dem Pass kommt, desto weniger wächst hier, vom gelben Gras sind hier nur noch einzelne Stumpen zu sehen, vereinzelt klammern sich kleine Bäumchen an den Felsen fest.
Wir fahren den Pass von oben zum Ugab hinunter, aufwärts ist die Tour nicht zu empfehlen. Warum der Pass seinen besonderen Namen bekommen hat, ist nicht klar, jeder mag selbst spekulieren. Obwohl wir den Pass jetzt schon zum dritten Mal gefahren sind, ist er immer wieder eine Herausforderung. Um zum Desolation Valley zu kommen, kann man auch Alternativrouten fahren. Landschaflich ist die Gegend schwer zu schlagen. Hier die genauere Position des Passes.
Im Ugab Flußbett findet man wieder die typische Trockenfluss Flora und Fauna, in diesem Fall gepaart mit beeindruckenden Einsichten in die Faltungen im Felsen. Elefanten oder gar Nashörner haben wir nicht gesehen, dafür aber eine Herde Paviane, die sich am späten Nachmittag gemächlich in die Felsen zurückzog.
Das Ugab River Rhino Camp wird vom privaten Save the Rhino Trust unterhalten, der sich für die Erhaltung frei lebender Nashörner einsetzt. Verantwortlich ist eine Damara Familie, die direkt neben dem Camp wohnt. Die Erhaltung des Camps kann schnell eine Herausforderung werden, denn die einzelnen Plätze liegen mitten im Flussbett des Ugab. Der ist zwar ein Trockenfluss, allerdings eben nicht immer. Die Regenfälle dieses Jahres haben fast alle Zäune und Teile der Installationen weggerissen oder beschädigt. Etwas erhöht zur D2303 hin gelegen liegt ein Gebäude, in dem sich die Rezeption und ein dunkles, aber lohnenswertes Informationszentrum befindet.
Für die Übernachtung soll man eine Spende abgeben, wir zahlen den üblichen Preis von N$100 pro Person. Hier gibt es außer der fantastischen Landschaft und der Stille – nichts.
Und das ist eine Menge.
4x4 strecke, campingplatz, flussufer
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